Vom Rezept zum Strumpf
Dem Fachhändler über die Schulter geschaut
Wie geht es eigentlich im Sanitätshaus mit Ihrer ärztlichen Verordnung für flachgestrickte Kompressionsstrümpfe weiter? Sie haben eine Neuverordnung erhalten oder ein Folgerezept für eine flachgestrickte Kompressionsversorgung und wir gehen davon aus, dass die Verordnung korrekt Ihren Bedürfnissen entsprechend ausgestellt ist.
Der Idealweg – vom Rezept zum Strumpf
- 1. Der Patient gibt das Rezept im Sanitätshaus ab
- 2. Dieses sendet einen Kostenvoranschlag zur jeweiligen Krankenkasse
- 3. Die Kosten werden von der Krankenkasse genehmigt
- 4. Das Sanitätshaus sendet die Daten mitsamt dem Auftrag an den Hersteller
- 5. Der Strumpf wird vom Hersteller ans Sanitätshaus geliefert
- 6. Nach der Anprobe nimmt der Patient seinen neuen Kompressionsstrumpf mit
Wie geht es dann weiter?
Der normale Weg ist, dass das Sanitätshaus einen Kostenvoranschlag für die Krankenkasse erstellt, da flachgestrickte Kompressionsstrümpfe zumeist vorab von der Krankenversicherung genehmigt werden müssen. Das wiederum bedeutet, dass Sie oder Ihr Therapeut sobald ein Rezept vorliegt, Kontakt mit dem Sanitätshaus aufnehmen sollte, um die weiteren Schritte zu besprechen.
Die Krankenkasse genehmigt den Kostenvoranschlag, die Anmessung erfolgt durch eine Fachkraft des Sanitätshauses, die Maße zur Fertigung werden an den Hersteller weitergegeben, der Hersteller fertigt die Kompressionsversorgung. Nach Wareneingang im Sanitätshaus erfolgt die Anprobe und Abholung durch Sie. Das klingt doch alles ganz einfach und schnell.
Aber der Teufel liegt im Detail.
Im Sanitätshaus Ihrer Wahl wird ein Fachberater oder eine Fachberaterin für Ihre „Strümpfe“ Maß nehmen. Flachgestrickte Kompressionsversorgungen sind in der Regel nach Maß gefertigt, da jedes Ödem unterschiedlich lokalisiert ist und die anatomischen Verhältnisse der „Lymphextremitäten“ schwierig sind. Kompressionsstrümpfe sollen einen definierten Druck auf das Gewebe ausüben um erneutes bzw. weiteres Ansammeln von Lymphflüssigkeit im Gewebe zu verhindern. Lymphologische Fachberater/innen im Sanitätshaus sind für die Erkrankungen des Lymphgefäßsystems und das Anmessen speziell geschult. Sie müssen ihr Wissen durch die Bundesfachschule für Orthopädietechnik überprüfen und regelmäßig auffrischen lassen.
Das richtige herstellerbezogene Anmessen und die korrekte Bestellung durch geschultes Fachpersonal ist Voraussetzung für eine gut passende Kompressionsversorgung. Langjährige Erfahrungen in der Versorgung von Lymphödempatienten tragen natürlich wesentlich dazu bei. Um die Kompressionsversorgung exakt auf Ihre Erkrankung ausrichten zu können, sind ein ausführliches Beratungsgespräch, genaue Materialkenntnis sowie das Wissen der Fertigungseigenheiten aller Hersteller nötig. Denn die Kompressionsversorgung, die vielleicht Ihrer/em Bekannten hilft, muss für Sie nicht unbedingt geeignet sein.
Jedes Ödem ist anders ausgeprägt. Und so bedarf es viel Einfühlungsvermögen, um die richtigen Strümpfe auszuwählen. Die Versorgung muss passen, denn das tägliche Tragen der flachgestrickten Kompressionsware ist nicht immer leicht und darf für Sie nicht zur Qual werden! Das Maßnehmen sollte im möglichst entstauten Zustand erfolgen. Der Lymphtherapeut kennt den Entstauungsgrad durch seine intensive Behandlung sehr genau, und gibt, nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt, grünes Licht für die Anmessung. Im optimalen Fall sollte dann die Kompressionsversorgung zeitnah angefertigt werden. Warum dies nicht der Normalfall ist, liegt an den vielen Schritten, die bis zur Bestellung notwendig sind.
Fehler können passieren!
Die Anfertigung einer flachgestrickten Versorgung ist sehr zeit- und kostenintensiv und birgt verschiedene Fehlerquellen. Das Stricken der Flachstrickware erfolgt auf extrem teuren Hightech-Maschinen und erfordert neben dem eigentlichen Strickvorgang viel Handarbeit bis zur Fertigstellung. Das erklärt den hohen Preis flachgestrickter Kompressionsware und die Tatsache, dass Flachstrickware nicht mal schnell über Nacht gefertigt werden kann. So können beim Hersteller Fehler beim Erfassen der Maße (Zahlendreher) für das Computerprogramm entstehen. Unterschiede in der Fadenvorspannung der Strickmaschine oder minimale Unterschiede in der Garnqualität können die Ursache für Passformprobleme sein. Flachstrickware muss in Handarbeit zusammengenäht und versäubert werden.
Wenn man bedenkt, dass die Fingernähte eines flachgestrickten Handschuhs oder einer Zehenkappe jeweils einzeln von einer Näherin geschlossen werden müssen, kann hier schon einmal die Ursache für eine Laufmasche liegen. Der Wunsch nach modischen Farben hat die Hersteller gezwungen, diese auch im Flachstrickbereich anzubieten. Das Färben ist sehr schwierig und muss vom Hersteller aufwändig geprüft werden, da die Farbstoffe Längenveränderungen oder Qualitätsveränderungen hervorrufen können. Nach dem Färben werden die Kompressionsstrümpfe gewaschen, getrocknet und gebügelt und zum Versand vorbereitet. Und das alles kann eben nicht innerhalb 24 Stunden erfolgen.
Der Strumpf kommt im Sanitätshaus an und dann?
Im Sanitätshaus wird nach Erhalt der Lieferung der so genannte Wareneingang getätigt. Das bedeutet die Ware wird der Patientenakte zugeordnet, auf Richtigkeit überprüft und im EDV-System dokumentiert (Längen, Ausführung, Farbe). Die Kompressionsversorgung wird nun zur Abholung bereitgelegt, ein Termin zur Anprobe mit Ihnen vereinbart. Für das Sanitätshaus ist die Anprobe ein wichtiger Teil im Versorgungsablauf. Es wird geprüft, ob die Versorgung gut passt, ob die Längen stimmen und ob die Versorgung zu weit oder zu eng ist. Das Schwierigste bei der Flachstrickversorgung ist die Beurteilung der Passform.
Es ist wichtig, dass geschultes Fachpersonal die Versorgung mit Ihnen anprobiert, da so Passformfehler erkannt werden können. Eine Faltenbildung in der Kniekehle kann nämlich mehrere Ursachen haben. Entweder die Beinlänge ist zu kurz, der Strumpf rutscht ab und sammelt sich in der Kniekehle. Oder der Strumpf ist zu lang, das überschüssige Material bleibt in der Kniekehle liegen.
Die Kontrolle der Passform
Im optimalen Fall ist nun die passende Versorgung beim Patienten angekommen; was aber, wenn sie nicht passt? Der erste Schritt wäre Kontakt mit dem/der Fachberater/ in im Sanitätshaus aufzunehmen. Die verständliche Enttäuschung beim Arzt oder der Krankenkasse zu äußern hilft nicht weiter und kostet letztendlich Zeit. Jeder Mitarbeiter im Sanitätshaus, der gewissenhaft versorgt, wird mit Ihnen eine Lösung finden, egal wo der Fehler gelegen hat. Leidgeprüfte Lymphpatienten können Fehlern häufig nicht objektiv entgegentreten. Anders als bei maßgeschneiderter Kleidung, die mindestens zwei Anproben erfordert, soll die hautenge Kompressionsversorgung immer auf Anhieb passen.
Wenn dies in Einzelfällen nicht gelingt, führt nur ein Zusammenarbeiten von Patient und Sanitätshaus zu einer schnellen Nachbesserung. Schuldzuweisungen sind wenig förderlich. Darüber nachzudenken ist, ob bei geringen Passformproblemen (1-2 cm Bereiche oder falsch bestellte Farbe) auf einer kompletten Änderung der Versorgung bestanden werden muss. Im Zeichen der Nachhaltigkeit könnte darauf verzichten werden. Denn bei flachgestrickter Kompressionsware gibt es kaum Änderungsmöglichkeiten. In den meisten Fällen ist eine komplette Neuanfertigung mit entsprechendem Aufwand und Umweltbelastung notwendig.
Den Strumpf richtig anziehen
Drehen des Strumpfes auf links, über die Fußspitze ziehen, Strumpf über Fuß ziehen
1.Strumpf über Fußspitze ziehen
2.Über die Ferse ziehen
3.Strumpf über Fuß ziehen
4.Etappenweise nach oben ziehen
5.Etappenweise hochziehen
6.Fertig!
7.Tipp: ggf. Falten verstreichen
!Tipp: Fehler beim Anziehen! Strumpf ist zu weit hochgezogen, Gesäßmuskel drückt Haftrand nach unten
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